Jorge Martin: Was ihn jetzt noch am Leben hält

Jorge Martin
Der risikofreudige Jorge Martin aus dem Prima Pramac Team hat seine WM-Führung vor zwei Wochen in Mandalika am Sonntag 245 Stunden nach der erstmaligen Übernahme durch einen Sturz weggeschmissen. Am vergangenen Samstag wurde er nach 26 Runden und vier Runden von Zarco & Co. überrumpelt – und auf Platz 5 verdrängt. Denn der weiche Hinterreifen löste sich in seine Bestandteile auf. Die Gegner hatten sich für den Medium-Compound entschieden. Dadurch wuchs der Punkterückstand zu Bagnaia von 18 auf 27 Punkte an.
Doch der «Martinator» wird durch seine explosive Fahrweise sicher auch in Thailand eine wichtige Rolle spielen – er will am Samstag und Sonntag möglichst viele Punkte auf Leader Bagnaia wettmachen. «Ja, die letzten zwei Wochenenden waren ein bisschen schmerzhaft. Aber ich war schnell! Dieses Wissen hält mich am Leben. Letztes Jahr bin ich hier im Regen auf Platz 9 gelandet. Ich bin überzeugt, ich kann hier auch mit der neuen GP23 schnell sein. An meiner Mentalität ändert sich nichts. Ich werde attackieren und versuchen, beide Wettkämpfe zu gewinnen.»
Martin hat in Indonesien 25 Punkte weggeschmissen, in Australien kostete ihn der Rückfall von Platz 1 auf Platz 5 weitere 14 Punkte.
«Es war hart, das Rennen nachher in der Wiederholung anzusehen», bemerkte Martin. «Ich war überzeugt, ich hätte die richtige Reifenwahl getroffen. Aber die letzten vier Runden waren ein Albtraum. Ich habe versucht, meine besten Fähigkeiten in die Waagschale zu werfen. Ich tat alles, um weiter schnell zu sein und trotzdem nicht zu stürzen. Aber wir können das Ergebnis jetzt nicht mehr ändern. Wir blicken auf das kommende Wochenende.»
Werden Martin und sein Crew-Chief Daniele Romagnoli nach zwei Flops in Serie künftig bei der Reifenwahl konservativer ans Werk gehen? «Manchmal fällt die Wahl schwer, wenn du mit beiden Compounds schnell bist. Man hat mir gesagt, der Verschleiss zwischen dem Soft und dem Medium sei in Phillip Island identisch. Deshalb habe ich mich auf den Poker eingelassen. Eigentlich war es für mich kein Gamble. Denn ich dachte, es sei die richtige Entscheidung. Wir haben uns darüber unterhalten: Künftig werden wir die gleichen Reifen nehmen wie die Gegner.»
Martin spannte nach dem Australien-GP ein paar Tage in Sydney aus und posierte fröhlich vor einer weissen Wand, auf der mit roter Farbe geschrieben stand: «NO RISK, NO STORY.»
«Das war am Bondi Beach. Ich habe diese vielen beschrifteten Mauern und diese Aufschrift gesehen. Ich dachte, das passt zu mir, zu meiner Mentalität und meiner Fahrweise. Aber ich werde sicher am Wochenende kein übertriebenes Risiko eingehen – zumindest nicht bei der Reifenwahl.»